Geschichte der Gemeinde Langdorf
Nordwald oder der „Wilde Wald“ war Silva nortica genannt, das große Waldgebiet, der heutige Bayerische Wald (schon um 835 n.Chr.). Er war vor den ersten Anfängen der Einwanderungs- und Ansiedlungszeit von großer Ausdehnung. Er bildete einen gewaltigen und natürlichen Grenzwall zwischen Böhmen und Bayern.
Ein Urwald, unwegsam: nur von Jägern und Fischern wurde dieser siedlungsfeindliche Raum durchstreift. Aber schon seit unvordenklicher Zeit bahnten sich Säumer einen Steig von der Donau herauf über die Rusel, an Weißenstein vorbei, über Schweinhütt nach Zwiesel-Lindberg über Scheuereck, um mit ihren Saumpferden, den Tragtieren, bis nach Schüttenhofen hinein ins Böhmische zu gelangen. Dieser Steig war bereits im frühen Mittelalter eine wichtige Handelsverbindung zwischen dem bayerischen und böhmischen Wirtschaftsraum, auf dem das so wertvolle Handelsprodukt des bayerischen Raumes, das Salz, in die böhmische Siedlungszone geleitet wurde. Erst um das Jahr 1000 nach Christi begann die Kolonisation des Nordwaldes durch das Kloster Alteich, dem späteren Niederalteich.
St. Gunther, Spross der thüringischen Familie der Grafen von Schwarzburg, ein Vetter König Heinrichs II., begann als einfacher Laienmönch im Kloster Alteich, dem jetzigen Kloster Niederalteich, das Noviziat. Nach einem Jahr gemeinsamen Lebens im Kreise seiner Mitbrüder bat Gunther um Erlaubnis, sich einen abgelegenen Platz im bis dahin unbesiedelten, nur von Säumern und Jägern durchwanderten, unwirtlichen Nordwald, dem Bayerischen Wald, aussuchen zu dürfen, um dort als Einsiedler zu leben.
Tief in der wildschönen unberührten Einsamkeit des Bayerischen Waldes erbaute er im Tale des Baches Rinchnach um 1011 ein Kirchlein, das Kloster Rinchnach. Mit mehreren Mitbrüdern, die bald nachzogen, und unterstützt vom Kloster Niederalteich, begann er die ersten Rodungstätigkeiten in unserer Heimat. Über lange Strecken ließ er Wege anlegen. Auf diesen Wegen, Pfaden und Steigen kamen erste Siedler in den Wald, rodeten und bevölkerten Gegenden.
Der um 1000 von Niederalteich über den Ranzinger Berg angelegte Weg hieß „Via Bohemorum“, der Weg nach Böhmen. Um den Bestand der 1019 eingeweihten Kirche und die Rodungstätigkeit auszudehnen und zu sichern, erbat Gunther von Kaiser Konrad II. eine Gebietsschenkung, die der Kaiser durch die Urkunde von 1. Januar 1029 aussprach. Diese Schenkung schließt bereits das Gebiet unserer Heimat, unsere Gemeinde ein. Es ist nicht auffallend, dass Berge, Flüsse und Bäche schon ihren Namen hatten. Der Nordwald, zum Schwainachgau gehörend, wurde sicher längst vor der Besiedlung von Adeligen und Rittern zum Zwecke der Jagd und Fischerei besucht. Auf über den mitten durch den Wald führenden Handelsweg zwischen Bayern und Böhmen dürfte bereits lange vor dem Jahre 1000 ein reger Verkehr stattgefunden haben.
Mehrere Jahrzehnte mögen wohl vergangen sein, bis die vom Kloster Niederalteich begonnene und geförderte Rodungstätigkeit unter der weltlichen Gebietsherrschaft der Grafen von Bogen am Regenflusse ankam und das Dorf Regen gegründet wurde. Der um 1070 angelegte Ort Regen fand schon um 1149 urkundliche Erwähnung als bedeutendster Handels- und Umschlagplatz. Nach dem Tode des Grundherrn, des Grafen Albert III. im Jahre 1242, kam das ganze Erbe an den wittelsbachischen Stiefbruder, den Bayernherzog Otto II. Damit traten die Degenberger in die Geschichte unserer Heimat ein; sie wurden die Lehensleute des Herzogs. Ottos Nachfolger, Herzog Heinrich XIII., der nach der ersten wittelsbachischen Landteilung von 1255 Niederbayern erhielt, hatte nach 1262 auch über das Gebiet östlich Regens „drüberhalb der Reginprukke“ die gräfliche Herrschaft in ihrem vollen Umfang erhalten.
Die Gründung Langdorfs
Nun erst setzte nach über 200 Jahren unter Herzog Ludwig IV. von Bayern, Ende des 13. Jahrhunderts, östlich des Regens die Rodungstätigkeit in dem bis dahin fast unberührten Waldgebiet mit Auen und Mooren ein. Dies war bis dahin ein beliebtes Jagdgebiet der Degenberger auf Weißenstein. Um 1299 wurden die Dörfer Langdorf, „Langendorff“ genannt und Schöneck, namens „Schennekk“, gegründet. Schon drei Jahre später wurden zwei weitere Dörfer angelegt. Das Dorf Kohlnberg „am Cholbenperch“ und eines an der „Shwarzaha“, nun Schwarzach. Diese vier Dörfer sind als landesherrliche Freyungen (Siedlungen) entstanden.
Schon wenige Jahre nach ihrer Gründung, am 18. August 1314, übertrug Herzog Ludwig, als Pfleger seiner Vettern Heinrich und Otto, dem Stift Niederalteich mit dem Rechte der Wiedereinlösung diese vier Dörfer als Ausgleich für Schäden, welche von den Puchbergern, einem Rittergeschlecht von Winzer, dem genannten Stift zugefügt wurden und auf dreihundert Pfund Regensburger Pfenning geschätzt wurden.
Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die Siedler von Langdorf und Schöneck zum Teile von dem um 1280 abgebrochenen Dorfe Greinprechtsdorf bei Regen kamen. Dieses genannte Dorf stand östlich des Regenflusses, am Krampersbach, nahe der jetzigen neuen Straße nach Langdorf. Um 1320 lösten die späteren Grundherren, die Herzöge Otto XIV. und Heinrich XV. von Bayern, die vom nunmehrigen Deutschen König Ludwig 1314 an die Abtei Niederalteich verpfändeten vier Dörfer wieder ein. Durch territoriale Festigung der Basis ihres Weißensteinischen Herrschaftsgebietes kamen diese in ständige Geldverlegenheit. So waren die drei Herzöge froh, als ihnen Hartwig von Degenberg auf Weißenstein 100 Pfund Regensburger Pfennige vorstreckte und dafür am 22. Mai 1324 als Pfand die vier erst kurz angelegten Dörfer Langdorf, Schöneck, Kohlnberg und Schwarzach gegen Wiedereinlösung und unter Vorbehalt der Blutgerichtsbarkeit annahm.
Trotz der für Pfandsachen gültigen Wiederkaufsklausel war das Geschäft für die Degenberger vor allem wegen der ihnen damit überlassenen niederen Gerichtsrechte über diese vier Dörfer äußerst günstig und vielversprechend. Da diese vier Dörfer damit dem Gerichte Viechtach und dem Schergenamt Böbrach untergeordnet waren, wurde für sie wegen ihrer relativ großen Entfernung vom Gerichtsstand und der zwischen diesem und ihnen liegenden landesherrlichen Gerichtsuntertanen ein eigener Amtsmann bestellt.
Die Streitigkeiten um diese vier Dörfer werden verständlicher, wenn wir erfahren, welche Einnahmen zu jener Zeit die Grund- und Lehensherren hieraus bezogen. Im Giltbuche von 1434 sind folgende Leistungen der Dörfer Langdorf, Schöneck, Kohlnberg und Schwarzach aufgeführt. Im Ganzen: 2376 Regensburger Pfenning. dazu: an Scharwerksleistungen in Werten: auf Jakobi 31 Pfund, 5 Schilling und 15 Pfenning.
Es ist also für Langdorf und Schöneck als Gründungsjahr 1299 und für Kohlnberg und Schwarzach das Jahr 1302 zugrunde zu legen.
1444 schrieb Herzog Albrecht an seinen Rentmeister in Straubing, er wolle die bei Regen liegenden vier Dörfer, Kohlnberg, Schwarzach, Langdorf und Schöneck, die 1324 Hartwig II. von Degenberg versetzt worden waren, wieder einlösen. Der Rentmeister wandte sich 1445 in dieser Angelegenheit schriftlich an Jakob von Degenberg. Diesen Brief aber nahm Jakobs Sohn Hans zu sich und meldete dem Herzog, sein Vater sei schon gestorben. Jakob erfuhr von der Sache und schrieb seinerseits an den Herzog, dass die Meldung seines Sohnes erlogen sei. Die Verhandlungen wegen der vier Dörfer endeten dann zuungunsten des Herzogs. Hans, der Degenberger, behauptete 1468 in einem Antwortschreiben an den Herzog sein Eigentumsrecht auf genannte Dörfer. Der Degenberger glaubte, als Mitbegründer des Böcklerbundes 1466 seine militärische Macht soweit gestärkt zu haben, um sie den Einflussbereich des Herzogs gänzlich entziehen zu können.
Nachdem ein Schlichtungsversuch Herzogs Ludwigs von Bayern – Landshut im vorgenannten Streit zwischen Albrecht und dem Degenberger fehlschlug, eröffnete Albrecht den Feldzug. In der Nacht zum 5. Dezember 1468 zogen die herzoglichen Truppen vor die Burg Weißenstein und schon nach kurzer Belagerung musste sich die Veste ergeben. Auf Befehl des Herzogs wurde sie dann gänzlich verwüstet und abgebrochen. Jakob von Degenberg floh nach Böhmen. Erst nach dem am 25. Januar 1474 erfolgten Waffenstillstand kam es zu einer Wiederversöhnung und die Degenberger wurden wieder in ihre Güter eingesetzt. Am 1. Februar 1583 bestätigte der Landrichter zu Viechtach dem Gotteshaus March den Reutzehent in den vier Degenbergischen Dörfern Schöneck, Langdorf, Schwarzach und Kohlnberg. Die Namensgebung für diese geschichtsträchtigen vier Dörfer erfolgte den geographischen Verhältnissen entsprechend.
Dem Dorfe Schöneck wurde wegen der reizvollen und idyllischen Lage zu Recht der Name „Schennekk“ schönes Eck, gegeben. Langdorf wurde seiner auffallend langgezogenen Siedlungsform entsprechend als das lange Dorf, „Lanngendorff“, benannt. Schwarzach erhielt den Namen des Bachs, an dessen Ufern sie ihre Höfe bauten. Kohlnberg enstand am Cholbenperg, das Dorf am Cholbenperch „an Nordhang des kalten, kahlen Berges“, des Steinberges aus der Eiszeit.
Das Anwesen Klaffermühle war die Mühle zu Langdorf, gleichzeitig dem Dorfe Langdorf angelegt. Es wurde, als im 16. Jahrhundert abgelegene Güter eigene Namen erhielten, nach dem vorbeifließenden Bache, dem Clafenbach (dem rauschenden-plätschernden Bache) „Clafenbachmühle“ benannt. Aus diesem Name wurde im Laufe der Zeit die „Klaffermühle“. Ebenso erhielt das einschichtige Gut, unweit des Clafenbaches und der Klaffermühle, der früher zu Schollnried gehörige Hof „Klafferhof“ seinen Namen von diesem Gewässer. Froschaumühle wurde besiedelt zusammen mit Kohlnberg und war der Froschauerhof, benannt nach dem Besitzer. Aber schon im Giltbuch von 1518, dem Steuer- und Güterbestandsbuch wird erstmals eine Mühle zu Kohlnberg erwähnt. Im Güterverzeichnis von 1580 findet diese Mühle zu Kohlnberg erstmals Erwähnung als „Froschauermühle“.
Im Jahre 1602 hatten Waldhüter den Befehl, auf die Grenze zu Böhmen besonders zu achten und sie oft zu begehen. Einen Brand, einen „Prändt“, unterhielten Köhler auf den Grundstücken mit dem heutigen Flurnamen „Brand“, also eine Kohlenmeilerei, am alten Bodenmaiserweg, der von Rabenstein-Außenried über Schwarzach-Brandten über den Böhmhofsattel nach Bodenmais an diesem großen Kohlemeiler vorbeiführte. Schon 1522 erhält das Bergwerk Bodenmais von der herzoglichen Grundherrschaft die Zusage, Holz aus ihren Wäldern zur Kohlenbrennerei zu entnehmen. Zuletzt wurde noch Kohle gebrannt für die nahe gelegene Bodenmaiser Vitrolhütte am Silbernen Steig, die am 29. Feruar 1829 abbrannte. Davon ist der Name des Dorfes Brandten „Prändt“, wie es erstmals urkundlich erwähnt wird, für den Dorfnamen herzuleiten.
Mit der Anlegung des Dorfes Brandten (und dem Ende der Degenberger Lehensherren 1602), waren die Dorfgründungen in unserer Gemeinde abgeschlossen. Erst im 19. Jahrhundert begann die Anlegung von Streusiedlungen, Einöden und Weilern. Fast 200 Jahre vergingen, bis wieder eine Siedlungstätigkeit einsetzte.
Ein Bauer aus dem Dorfe Schöneck beabsichtigte, weitab vom Dorfe, auf dem Osthang seines Waldgrundstückes zu „reuten“ und dort ein Häusl zu erbauen. 1801 beantragte der 1/8 Gütler Johann Tremml vom Anwesen Hausnummer 17 beim Landgericht auf Weißenstein hierzu die Genehmigung, die ihm nach erheblichen Schwierigkeiten seitens der Schönecker Bauern am 30. Juni 1802 erteilt wurde. Diesem Anwesen wurde später, zur Ortsflur Schöneck gehörig, die Hausnummer 20 erteilt. „Beim Woidmo“ wurde das Anwesen sodann, um 1808 als fertiggestellt gemeldet, genannt. Unmittelbar östlich der alten Straße nach Regen über Schöneck nach Bodenmais, am „Grandl“ an der Tränkstelle für Pferde und Ochsen, hauste in einer nicht mehr benützten, halb verfallenen Hirtenhütte der Schönecker ein „einschichtiger“, ein alleinstehender Mann, der Simandl Stephan, den man, weil er tief im Wald hauste, den „Woidmo“ (Waldmann) nannte. Als um die Mitte des 19. Jahrhunderts um dieses Anwesen noch weitere kleine Anwesen erbaut wurden, wurde dem Weiler die amtliche Bezeichnung „Waldmann“ verliehen.